Spätestens seit es in den Farbnäpfen die Farbe Magenta gibt, weiß jeder Kunstlehrer, dass das Itten-Modell geschummelt ist. Und will man vor einer Klasse wirklich behaupten, Schwarz, Grau und Weiß seien keine Farben, obwohl sie in Tuben herumstehen?
Wolfgang Schöne (Über das Licht in der Malerei, 1953) schreibt dazu: "Sämtliche (...) bunten und unbunten Farben sollen (...) demnach zusammengesetzte oder Mischfarben sein. Was Farben wie Orange, Violett und so weiter anbelangt, leuchtet das ein. Schwieriger ist es schon bei Grau (...). Noch interessanter scheint mir das Braun zu sein."
Dann führt er genauer aus:
"Bei genauerem Hinsehen bemerken wir, dass die bekannte Ordnung der Farben im Farbenkreis und in den Farbenkörpern von Runge, Hering, Ostwald und anderen zwar manche praktischen und naturwissenschaftlichen Bedürfnisse befriedigt, nicht aber unser Verlangen nach einer Ordnung, welche unsere sinnliche Wahrnehmung und Vorstellung der Phänomene adäquat wiedergibt. Nur dieser empfindungsgemäßen Farbenordnung sollen die folgenden Bemerkungen zu dem im Grunde wohl unlösbaren Problem gelten.
Am leichtesten ist das Unbefriedigende der bekannten Farbenordnungen beim Farbenkreis einzusehen. Zunächst scheint ja die Darstellung der Buntfarben im Kreis gefühlsmäßig etwas sehr Befriedigendes zu haben. Aber sieht man naher zu, so bemerkt man, dass sie eine künstliche Verengung bedeutet, welche, wenn man ihr folgt, sogar dazu führen kann, nun auch umgekehrt die wirkliche Wahrnehmungsstruktur der Farbenwelt in solch künstlicher Verengung aufzufassen. Abgesehen davon, dass die Anordnung der Buntfarben auf der Peripherie eines Kreises, in dessen Mitte entweder der Weißpol oder der Schwarzpol vorzustellen ist, die verschiedenen spezifischen Helligkeiten der einzelnen Buntfarben außer Betracht läßt, zeigt sich folgendes: Teilt man die Reihe der Buntfarben, die sich ja wie eine Schlange in den Schwanz beißt, also auf jeden Fall einen ,,Ring“ bildet, derart in zwölf gleiche Teile ein, dass die Änderung des Farbentons von Teil zu Teil dem Grade nach stets dieselbe ist, so erhält man zwölf Farbengruppen gleichen Farbtonabstandes. Aber diese zwölf Farbengruppen haben nun nicht die gleiche Ausdehnung, die zwölf Teile sind verschieden groß, was daran liegt, dass sich der Farbton im Gebiet von Blau und Grün viel langsamer ändert als in dem von Rot und Violett. Infolgedessen ergibt sich, wenn man nun diese zwölf gleichabständigen Farbtongruppen auf die Peripherie eines Kreises übertragt, oben mit Gelb beginnend und im Sinne des Uhrzeigers vorgehend, keine gleichmäßige Verteilung der Farben auf dem Kreise in der Weise, dass oben Gelb, unten Blau, rechts in der Mitte Rot und links in der Mitte Grün erscheinen, dass also die vier Farben, die innerhalb des Farbenrings an den Wendepunkten der Ähnlichkeitsrichtung liegen, den Kreis regelmäßig gliedern, sondern es zeigt sich folgendes Bild: auf dem rechten Halbkreis liegen sieben Farbgruppen (Gelb, Orange, Zinnober, Karmin, Purpur, Purpurviolett, Blauviolett), auf dem linken dagegen nur fünf (Ultramarin, Eisblau Grünblau Blaugrün, Grün, Gelbgrün/Grüngelb) oder auf dem oberen Halbkreis nur fünfeinhalb gegen sechseinhalb auf dem unteren. Das heißt aber: der Kreis ist, da er nach einer regelmäßigen Einteilung verlangt, nicht die adäquate Figur für die Ordnung der gesättigten Buntfarben. Ordnet man sie wie Ostwald und andere regelmäßig auf dem Kreise an, so kommen eben die verschieden großen Herrschaftsbereiche der einzelnen Farben nicht zu ihrem Recht."
Dabei beruft er sich auf Adolphe Bernays (aus den 30er Jahren), der dem Grau einen eigenen Stellenwert als Farbe zuordnet und folgendes Schema vorstellt:
Grau als eigener Farbwert
Einbindung des Braun als eigener Farbwert
(Das Endprodukt kann ich bei Schöne nicht so genau erkennen, wie das gemeint ist - es ist nur eine s/w-Schemazeichnung- , aber ich vermute, richtig angelegt, sähe das etwa so aus - Braun und die bunten Farben nähern sich dem Grau an.
Und das wäre eine schöne Mischübung für eine Klasse:
- Jede bunte Farbe bekommt einen Streifen zugewiesen (Regenbogenfarben), die müssen die Schüler allmählich vergrauen lassen; die Streifen werden dann zusammen geklebt.
- Darauf gelegt kommt diese braune Raute - auch ausgrauend.
- Bleibt noch der Hintergrund aus Grau, Schwarz, Weiß.
- Alles auf eine Pappe kleben uns ausstellen.